ANALFISSUR

Dr. med. Björn Schinkel

Analfissur

Als Analfissur (von lat. ‚fissura‘: Riss, Spalte) wird ein länglicher Einriss der Analhaut, dem Anoderm im Analkanal bezeichnet. Es ist ein häufig vorkommendes Krankheitsbild, die Wahrscheinlichkeit, eine Analfissur zu erleiden, liegt bei ca. 8-10% (Lebenszeitrisiko). Meist ist die Lebensqualität durch starke Schmerzen teils mit Blutauflagerungen beim und nach dem Stuhlgang beeinträchtigt. Eine akute Fissur heilt oft spontan aus. Bei einem Fortbestehen der Fissur über 6-8 Wochen spricht man von einer chronischen Fissur, die oftmals auch morphologische Veränderungen nach sich zieht.

Wie entsteht eine Fissur:

Primäre Fissuren:

Das exakte Entstehungsmuster ist nicht geklärt. Jedoch ist in den meisten Fällen eine erhöhte Schließmuskelspannung und eine damit einhergehende Durchblutungsminderung der Analhaut nachweisbar. Ursachen für eine Druckerhöhung sind neben einer Verstopfung mit hartem Stuhl auch vermehrt Durchfall zu nennen. Auch in der Schwangerschaft und im Rahmen der Geburt kommt es zu einem vermehrten Auftreten von Analfissuren. Die Gründe liegen zum einen auch hier in einer häufig vorkommenden Verstopfung. Aber auch ein erhöhtes Geburtsgewicht (>3800g), Presswehen über 20 Minuten und vorbestehende anale Erkrankungen werden als Risikofaktoren benannt. Auch können lokale Infektionen und Analfisteln eine Fissurentstehung begünstigen.

Sekundäre Fissuren:

Diese entstehen auf dem Boden verschiedener bakterieller, viraler, entzündlicher und immunologischer Erkrankungen. Zu den Erregern zählen: HIV, CMV, Herpes, Chlamydia trachomatis, Tuberkulose, Syphilis, Gonorrhoe, Histoplasmose und Leishmaniose.

Auch können anale Fissuren mechanisch ausgelöst werden, wie u.a. durch Analverkehr, Operation, Irrigation.

Von den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen weist der Morbus Crohn eine erhöhte Inzidenz an Fissuren auf, während die Colitis ulcerosa nicht mit Analfissuren assoziiert ist.

Therapieverfahren:

1. Konservative Behandlung:

Eine lokal aufzutragende Salbe (Nitrate oder Kalziumkanalblocker) über 6 Wochen verringert die Muskelspannung steigert so die Durchblutung der Analhaut, was eine Heilung der Fissur begünstigt. Begleitend erfolgt eine ballaststoffreiche Ernährung und eine kryothermale Analdehnung kann zusätzlich sinnvoll sein.

 Diese Behandlung eignet sich für alle akuten Fissuren und kann auch bei länger bestehenden Fissuren mit moderaten Beschwerden und ohne begleitende Sekundärveränderungen als Therapieversuch erwogen werden.

2. Botulinumtoxin (Botox®):

Über eine Blockierung der Muskelinnervation wird eine Muskelentspannung / Erschlaffung erzielt. Dabei wird Botox direkt an den inneren Schließmuskel appliziert.

Dieses Verfahren kann bei fehlender Abheilung unter der konservativen Therapie als Zweitlinientherapie sinnvoll sein oder auch begleitend bei der konservativen wie auch operativen Behandlung eingesetzt werden.

3. Operation:

3.1 Fissurektomie nach Gabriel:

Ausschneiden der Fissur unter Mitentfernung der begleitenden Narben / Entzündungen und sonstigen Fissur-bezogenen, pathologischen Veränderungen. Die Wunde wird offen belassen und bildet ein nach außen sich erweiterndes Wundablaufdreieck. Durch die Verwendung eines Lasers (Selbstzahlerleistung) wird das erkrankte Gewebe zielgenau entfernt. Begleitend kann auch Botox® injiziert werden und die Wundheilungsheilungsrate verbessern.

Dieses Verfahren (mit oder ohne Laser) wird bei allen chronischen Fissuren, die unter konservativer Behandlung nicht abheilen, als Erstlinientherapie angewendet.

3.2 Laterale Sphinkterotomie:

Die anteilige Durchtrennung des inneren Schließmuskels führt zu einer hohen Heilungsrate der Fissuren. Der Nachtteil ist jedoch in einer erhöhten Inkontinenzrate zu sehen.  

 Aufgrund der erhöhten Inkontinezrate wird dieses Verfahren in Deutschland nicht als Erstlinientherapie empfohlen. Es kann aber bei Therapieversagern und in ausgewählten Fällen als sinnvolle Operationsalternative erwogen werden.

3.3 Fissurektomie und plastischer Verschluss (Analer Advancemant Flap):

Bei dieser Operationsmethode wird wie unter ‚Pkt. 3.1‘ die Fissur und begleitende Nebenbefunde entfernt und der resultierende Defekt über eine lokale Lappenplastik wieder verschlossen (Mukosaflap, V-Y-Flap, Dermaflap).

Dieses Verfahren kann bei Therapieversagern / Rezidiven erwogen werden. Auch hier kann Botox begleitend injiziert werden.

Eigenes Vorgehen:

Mein Behandlungs-Algorithmus richtet sich nach den aktuellen Empfehlungen der Deutschen S-3-Leitlinie und den eigenen langjährigen klinischen Erfahrungen. Insbesondere die Anwendung der Laserchirurgie als gewebeschonendes Verfahren und die Botox-Behandlung überzeugen mit guten Heilungsergebnissen.

1. Akute Fissuren und chronische Fissuren ohne wesentliche Begleiterscheinungen werden einer konservativen Therapie zugeführt:

1.1. Lokale Salbenbehandlung (Diltiazem 2%) 2x tgl äußerlich aufgetragen.

1.2. Eventuell erfolgt zusätzlich eine begleitende Analdehnung mit Kälte- oder Wärme (z.B. Dilatan®).

1.3. 1-2 Teelöffel Flohsamenschalen tgl. für die Dauer der Heilung und darüber hinaus als Rezidivprophylaxe von bis zu einem Jahr

1.4. Vermeidung von scharfen Gewürzen (v.a. rote Chili).

1.5. Ggf. Botox® begleitend (z.B. bei fehlender Heilungstendenz oder auch als alleinige Therapie bei z.B. Allergie auf die Salben), Ablehnung oder Kontraindikation zu einer Operation.

 

2. Operative Versorgung meist in Vollnarkose, bei allen chronischen, nicht abheilende Fissuren:

2.1 Fissurektomie nach Gabriel elektrochirurgisch oder laserchirurgisch.

2.2 Wie 2.1 begleitend mit Botoxinjektion (v.a. bei Rezidiven).

2.3 Bei Therapieversagern oder Rezidiven kann eine Fissurektomie und plastische Deckung oder eine laterale Schließmuskeldurchtrennung (LIS) erfolgen.

Anmerkung:

  1. Botox: Die Behandlung stellt eine Selbstzahlerleistung da. Botox ist ein starkes Nervengift, welches die Muskelaktivität blockiert. Die Wirkung ist immer reversibel, das bedeutet, dass die Wirkung wie auch mögliche Nebenwirkungen, wie eine milde Inkontinenz immer nach einigen Wochen verschwinden. Botox wird weltweit bei verschiedenen Erkrankungen wie auch in der Schönheitschirurgie mit Erfolg eingesetzt. Es ist jedoch für die meisten Anwendungen wie auch die Anwendung bei der Analfissur nicht speziell zugelassen. Das bedeutet, dass die Anwendung als off-label-use erfolgt.
  2. Laserchirurgie: Die Anwendung des Lasers führt zu einem besseren kosmetischen Ergebnis, meist geringeren Schmerzen und durch die geringe Eindringtiefe von 1-2 mm zu einer sicheren Schonung der Umgebungsstrukturen (wie dem Schließmuskel).